Über den derzeit boomenden Pelletmarkt spricht Beate Schmidt-Menig. Seit 19. Juni 2020 führt sie als Vorsitzende den Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV). Hauptberuflich arbeitet sie in der Geschäftsleitung des Pelletkesselherstellers Ökofen Deutschland.
Frau Schmidt-Menig, wie erklären Sie sich die derzeit für Pelletfeuerungen sehr gute Marktlage?
Ja, die Dynamik ist enorm. Über den Zuwachs von 150 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 freue ich mich sehr. Ideale Rahmenbedingungen kommen zusammen: die hohe Förderung von bis zu 45 Prozent für alle Maßnahmen rund um den Heizungstausch, die beschlossene CO2-Abgabe für fossile Brennstoffe ab 2021 und das Ölheizungsverbot ab 2026, außerdem ein gewachsenes Bewusstsein für Klimaschutz in den eigenen vier Wänden.
Das sah in der Vergangenheit zeitweise anders aus.
Von 2005 bis 2011 habe ich dieses Amt schon einmal ausgeübt und dabei vieles erlebt: vom schnellen Aufschwung bis zum anschließenden Markteinbruch. Der war damals zwar sehr schmerzlich, aber im Rückblick hat er uns weitergebracht. Die Branche war damals noch nicht professionell genug aufgestellt. Insofern konnten wir die Zeit in den vergangenen zehn Jahren nutzen, um die gesamte Wertschöpfungskette für das Heizen mit Pellets modern und praxiserprobt zu gestalten. Das zahlt sich jetzt aus.
Was meinen Sie konkret?
Als der Markt 2007 eingebrochen war, war das auch eine Reaktion darauf, dass wir weder eine Marktdokumentation mit Preisindizes und Produktionszahlen hatten noch eine nennenswerte Qualitätssicherung für Brennstoff und Handwerk. Der Pelletboom zu Beginn des Jahrtausends war allein dem Reiz des Neuen geschuldet. Heute ist die Branche komplett anders aufgestellt. Das Produkt „Heizen mit Pellets“ erlaubt sowohl mit Heizkesseln als auch mit Kaminöfen eine nahezu CO2-freie, günstige Wärmegewinnung bei vergleichbarem Komfort mit fossilen Heizungen. Dazu gehört eine hochmoderne, das heißt effiziente und emissionsarme Verbrennungstechnik, genauso wie Premiumpellets. Das ENplus-Zertifikat für Produktion und Anlieferung ist heute Standard.
Das war vor fünf Jahren auch schon der Fall.
Das stimmt. Für das diesjährige Wachstum im ersten Halbjahr – wir reden immerhin von 150 Prozent Plus gegenüber 2019 – waren andere Dinge ausschlaggebend. Die „Raus-aus-dem-Öl-Politik“ der Bundesregierung, die sich im aktuellen Gebäudeenergiegesetz mit einem Verbot ab 2026 manifestiert, war die Voraussetzung. Sie wurde mit einem besonders attraktiven Förderbonus gekoppelt. Wer die alte Ölheizung durch eine Pelletheizung ersetzt, bekommt 45 Prozent aller dabei anfallenden Investitionskosten ersetzt. Pellets sind damit vom ersten Tag an rentabel, was bei Heizungskunden bewirkt, dass sie erstmals seit langem wieder aktiv auf das Heizungsfachhandwerk zugehen.
Ist das Handwerk darauf vorbereitet?
Die Heizungsbauer sind die wichtigste Zielgruppe, denn sie haben einen entscheidenden Einfluss darauf, welches System ihre Kunden auswählen. Damit sie offensiv für Pellets argumentieren, müssen sie einiges wissen – auf jeden Fall mehr als über die einfachen fossilen Optionen. Holz ist ein wunderbarer klimafreundlicher Energieträger, aber auch ein wenig komplexer. Ein guter Heizungsbauer muss über die nachhaltige Herkunft von Pellets und Hackschnitzeln genauso Bescheid wissen wie über die Feuerungstechnik und das Zusammenspiel von Heizung und Lager. Wir haben bereits 2010 begonnen, eine entsprechende Fortbildung zu entwickeln. Unter www.pelletfachbetrieb.de werden auf Pellets und Holzfeuerungen spezialisierte Fachbetriebe nach Postleitzahlen und Entfernung gelistet, sodass interessierte Verbraucher einen passenden Handwerker finden. Das Interesse der Betriebe an der Qualifizierung ist dieses Jahr wieder deutlich angestiegen. Darüber hinaus entwickeln wir zusammen mit dem Bundesverband Wärmepumpe mehrere E-Learning-Module für SHK-Azubis. Für Berufsschullehrer ist unser digitales Angebot eine einfache Möglichkeit, Erneuerbare Wärme in den Unterricht zu integrieren.
Reicht die Pelletproduktion in Deutschland aus, wenn deutlich mehr Heizungen versorgt werden sollen?
Ja, mit 2,8 Millionen Tonnen produzierten Pellets im Jahr 2019 sind wir weltweit die Nummer eins, was Premiumpellets für den Wärmemarkt angeht. Dieses Jahr werden wir die 3-Millionen-Marke wohl übertreffen. Deutschland ist aufgrund seines Holzreichtums und der großen Anzahl an Sägewerken ein richtiges Pelletland. Die beim Sägen anfallenden riesigen Mengen an Reststoffen wie Sägemehl und Späne können auch noch deutlich mehr Pelletheizungen versorgen als heute.
Wie wirkt sich der positive Markt auf die mittelfristige Wachstumsprognose aus?
Der DEPV hat im Frühjahr 2020 die 500.000ste Pelletheizung vorgestellt. In den nächsten Jahren müssen noch über fünf Millionen Ölheizungen ersetzt werden. Wir haben also eine gute Perspektive, mit Pelletheizungen und anderen modernen Holzfeuerungen davon einen großen Anteil zu ersetzen. Das heißt, bis zur einmillionsten Pelletfeuerung in Deutschland soll es deutlich schneller gehen. Bei der aktuellen Wachstumsgeschwindigkeit visieren wir 2030 an.
Das Interview hat der DEPV zur Verfügung gestellt. Es wurde von der Pelletshome-Redaktion bearbeitet.