Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2022 liegen vor: Die Wälder werden strukturreicher, es gibt mehr ältere Bäume und etwas mehr bewaldete Fläche. Aber sie sind inzwischen Kohlenstoffquellen.
Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur zeichnen ein differenziertes Bild
Einerseits gibt es in Deutschland seit 2012 etwas mehr Waldfläche, es stehen mehr Laubbäume in den Wäldern und die Naturnähe nimmt langsam, aber beständig zu. Andererseits hat der Wald in der zweiten Hälfte der Dekade durch Trockenheit und Schädlingsbefall so stark gelitten, dass der Holzvorrat und damit auch der Kohlenstoffvorrat seit 2017 erheblich abgenommen haben. „Da der Kohlenstoffverlust in der lebenden Biomasse in den Jahren 2017 bis 2022 höher war als die Zunahme beim Totholz und auch der Boden nicht mehr Kohlenstoff gespeichert hat, ist der Wald in diesem Zeitraum zu einer Quelle für Kohlendioxid geworden“, erläutert Thomas Riedel vom Thünen-Institut für Waldökosystem in Eberswalde. Totholz zersetzt sich und gibt dabei den Kohlenstoff in Form von Humus an den Boden und als Kohlendioxid an die Atmosphäre ab.
Was hinter der Bundeswaldinventur steckt
Die Bundeswaldinventur ist das Kontrollinstrument der nachhaltigen Waldwirtschaft. Deutschlands Wälder werden deshalb alle zehn Jahre überprüft. 100 Inventurtrupps vermessen mehr als 520.000 Bäume und beschreiben an 80.000 genau definierten Punkten in den Wäldern, was sie vorfinden: Anzahl, Art und Durchmesser der Bäume, den Bewuchs darunter, das Totholz – insgesamt protokollieren sie 150 Kriterien. 2021 und 2022 fanden die Kontrollgänge zum vierten Mal statt. Das Thünen-Institut koordiniert die Arbeiten im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums und wertet sie aus. Es berechnet unter anderem Baumartenvielfalt, Holzzuwachs Kohlenstoffspeicherung. Bei der aktuellen Bundeswaldinventur wurden erstmals Proben gesammelt, um die genetische Vielfalt ermitteln zu können.
Weitere Ergebnisse
- Mehr Wald: Obwohl 66.000 Hektar Wald seit der letzten Inventur im Jahr 2012 umgewidmet wurden, hat die Waldfläche durch Neuaufforstungen insgesamt um 15.000 Hektar zugenommen. Derzeit gibt es 11,5 Millionen Hektar Wald in Deutschland. Ein Drittel der Landfläche ist somit mit Wald bedeckt.
- Weniger Zuwachs: Der Holzzuwachs betrug rund 9,4 Kubikmeter je Hektar und Jahr, insgesamt 101,5 Millionen Kubikmeter jährlich – ein Minus von 16 Prozent im Vergleich zur Bundeswaldinventur 2012. Der starke Rückgang ist vor allem auf die Folgen des Klimawandels wie Stürme, Trockenheit und Borkenkäferkalamitäten, den Ausfall der schnellwüchsigen Fichte und die fortschreitende Alterung des Waldes zurückzuführen.
- Mehr Vielfalt: Mit 79 Prozent Flächenanteil sind Mischwälder die prägende Form. Seit 2012 ist der Flächenanteil um drei Prozent gewachsen. Nadelwälder kommen immer noch vergleichsweise häufig als Reinkulturen vor: Lediglich 61 Prozent der Kiefern- und 75 Prozent der Fichtenwälder sind
- Mehr alte Bäume …: 2022 waren mehr als 30 Prozent des Waldes älter als 100 Jahre, mehr als 20 Prozent älter als 120 Jahre. Bei der Inventur 2012 waren nur 14 Prozent der Wälder älter als 120 Jahre. Der Wald war im Jahr 2022 durchschnittlich 82 Jahre alt – fünf Jahre älter als noch 2012.
- … aber auch mehr Verjüngung: Auf rund drei Millionen Hektar Wald wächst bereits eine neue Generation an Bäumen heran. 91 Prozent davon sind auf Naturverjüngung zurückzuführen. Gegenüber der letzten BWI hat diese um weitere sechs Prozentpunkte zugenommen.