Der Architekt Burkard Schulze Darup spricht sich für mehr Energiesparen aus. Im Interview erläutert er die Bedeutung von Lüftungswärmeverlusten und das Einsparpotenzial durch Wohnraumlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung.
Herr Schulze Darup, Deutschland droht durch die gedrosselte Gasversorgung aus Russland ein kalter Winter. Sie haben sich als Architekt mit der energetischen Versorgung von Häusern beschäftigt und zahlreiche Effizienz- und Passivhaus-Projekte betreut. Wie bewerten Sie die aktuelle Strategie der Regierung?
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist extrem wichtig, um uns aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu befreien. Aber wir müssen einen Schritt weitergehen und parallel deutlich mehr Energie sparen. Beides zusammen ist mit Blick auf das Klima alternativlos. Die aktuelle Debatte verengt sich viel zu sehr auf das Thema Energieerzeugung. Dabei ist die beste Energie doch diejenige, die gar nicht erst erzeugt werden muss.
Doch wie heizt man Gebäude, wenn nicht durch das Erzeugen von Energie?
Schauen wir uns die Heizlast eines Hauses an – also die Wärmezufuhr, die ich für ein Gebäude benötige. Sie wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren beeinflusst: durch Transmissions- und Lüftungswärmeverluste. Bei der Transmissionswärme reden wir über die Energie, die durch die Außenhülle eines Gebäudes entweicht. Hier lässt sich Energie durch Wärmedämmung sparen. Das steht bereits auf der politischen Agenda, wird aber nicht konsequent genug umgesetzt. Einsparungen bei den Lüftungswärmeverlusten, also der Energie, die uns durch das Lüften abhandenkommt, sind ein weiteres äußerst lohnendes Feld. Modellrechnungen zeigen, dass gut 50 Prozent der Wärmeverluste, die bei energieeffizienten Neu- und hochwertig sanierten Altbauten entstehen, auf das Lüften zurückzuführen sind. Das bedeutet: Die Hälfte der Energie, die ich gerade aufgewendet habe, um meine Innenräume auf Wohlfühltemperatur zu bringen, lasse ich im nächsten Moment bereits wieder entweichen. Wir heizen buchstäblich zum Fenster raus! Darüber liest und hört man bisher selten etwas.
Was tun, wenn wir nicht auf frische Luft verzichten können, aber auch nicht ungebremst zum Fenster heizen wollen?
Der erste Schritt wäre, das Lüften nicht durch die klassische Fensterlüftung zu organisieren. Wer nach der Methode Fenster-auf-Fenster-zu vorgeht, muss alle zwei, drei Stunden für zehn Minuten querlüften – was zu erheblichen Wärmeverlusten führt und vor allem nachts nicht besonders angenehm ist. Besser ist es, wenn der Luftaustausch durch eine Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gesteuert wird. Sie führt die in der Abluft enthaltene Wärme über einen Wärmetauscher der Zuluft wieder zu und bringt damit kontinuierlich angenehm vorgewärmte Außenluft in die Wohn- und Schlafräume – natürlich ohne dass sich ein- und ausgeführte Luft dabei vermischen.
Wie viel Energie lässt sich auf diese Weise zurückgewinnen?
Wenn wir vorsichtig rechnen, können wir durch die Installation einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung fünf Watt pro Quadratmeter beheizter Fläche sparen. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland beträgt 47,4 Quadratmeter. So verringert sich also die benötigte Energie um 237 Watt pro Person. Gelingt es uns, in jedem zweiten Haushalt, in denen insgesamt 41,4 Millionen Menschen leben, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zu installieren, sind wir bei rund 10.000 Megawatt, die insbesondere an kalten und sonnenarmen Wintertagen nicht bereitgestellt werden müssen. Das entspricht der Leistung von etwa sieben Atomkraftwerken oder 2.000 Onshore-Windkraftanlagen.
Das Interview hat der Lüftungshersteller Pluggit zur Verfügung gestellt. Es wurde von der Pelletshome-Redaktion bearbeitet.