Harald Drück: „Die Bedingungen zum Bau eines Sonnenhauses sind exzellent“

Mittwoch, 24. Juni 2015 | Autor: Joachim Berner

Ein deutsches Konsortium hat im Projekt HeizSolar neun Sonnenhäuser messtechnisch untersucht.  Die ermittelten solarthermischen Deckungsanteile lagen zwischen 50 bis hin zu 100 Prozent. Harald Drück, Leiter des Forschungs- und Testzentrums für Solaranlagen (TZS) an der Universität Stuttgart und der Solar-und Wärmetechnik Stuttgart (SWT), beschreibt im Interview mit Pelletshome.com das Sonnenhaus-Konzept und erläutert, welche Rolle Pelletsheizungen darin spielen.

Herr Drück, welches Fazit ziehen Sie aus dem Messprogramm HeizSolar?
Dass die in den Gebäuden eingesetzten thermischen Solaranlagen grundsätzlich funktionieren. Optimierungspotential ist teilweise noch bei der hydraulischen Anbindung der einzelnen Verbraucher an den Speicher vorhanden. Das gilt besonders dann, wenn sie Rücklauftemperaturen auf unterschiedlichen Temperaturniveaus liefern. Ebenso ist denkbar, dass die Effizienz der Gesamtanlagen durch eine  Weiterentwicklung der Regelkonzepte weiter gesteigert werden kann, zum Beispiel durch den Einsatz von lernfähigen, adaptiven Regelstrategien mit Prognosefunktion.

Bis zu welchem solaren Anteil sind Sonnenhäuser ökonomisch sinnvoll?
Die Antwort hängt von den Randbedingungen ab. Maßgebliche Größen sind die Brennstoffkosten, der Wärmedämmstandard des Gebäudes sowie die Zinssätze für Spareinlagen beziehungsweise Kredite. Auch eine Förderung ist zu berücksichtigen. Gegenwärtig sind die Rahmenbedingungen für große Solaranlagen zur Wärmeversorgung von SolarAktivHäusern jedoch exzellent. Insbesondere weil die Zinsen und damit die Kapitalkosten extrem niedrig sind. Zusätzlich gewährt der Bund seit der Novelle des Marktanreizprogramms im Frühjahr 2015 eine äußerst attraktive Förderung, die bei der Errichtung von Solaranlagen mit solaren Deckungsanteilen über 50 Prozent in Bestandsgebäuden mehr als 300 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche betragen kann. Die im Projekt HeizSolar durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, dass sich bei den aktuellen Randbedingungen ein Kostenminimum im Bereich von 60 Prozent solarthermischem Deckungsanteil ergibt.  Allerdings sind die Kosten auch beim Bau von Anlagen mit 70 oder 80 Prozent solarem Deckungsanteil nur unwesentlich höher.

In Sonnenhäusern bilden oft Pelletsgeräte zusammen mit Sonnenkollektoren das Heizungssystem. Macht es einen Unterschied, ob es sich um einen Kessel oder einen Ofen handelt?
Bei einem Pelletskessel wird die erzeugte Nutzwärme ausschließlich über einen Wasserkreislauf dem Gebäude zugeführt. Ein Pelletsofen befindet sich direkt in dem zu beheizenden Raum und gibt je nach Ausführung die gesamte Nutzwärme entweder direkt an den Raum aber oder zumindest teilweise, wenn er über einen Anschluss an die Heizungsanlage des Gebäudes verfügt. Die direkte Wärmeabgabe des Ofens ermöglicht es, den Raum schneller zu erwärmen als das mit einem Pelletskessel über die Heizungsanlage des Gebäudes möglich ist. Das liegt daran, dass bei SolarAktivHäusern sehr häufig Fußboden- oder Wandflächenheizungen eingesetzt werden, die eine große Wärmekapazität und damit eine hohe thermische Trägheit aufweisen. Andererseits hat ein Pelletskessel oder ein an die Heizungsanlage angeschlossener Pelletsofen den Vorteil, dass er den ohnehin vorhandenen Solarspeicher nutzen kann und somit ein gleichmäßiger Verbrennungsprozess unter optimalen Bedingungen möglich ist.

In Sonnenhäusern stehen große Wärmespeicher mit bis zu mehreren Tausend Litern Volumen mitten im Gebäude. Führt das nicht zu Überhitzungsproblemen?
Große, im Gebäude aufgestellte Wärmespeicher können im Sommer zu einer zusätzlichen Erwärmung des Gebäudes beitragen. Um das zu vermeiden sind zwei Maßnahmen wichtig. Zum Einen sollte der Speicher in einem Bereich des Gebäudes positioniert sein, in dem ein zusätzlicher Wärmeeintrag und die daraus resultierende Erhöhung der Raumtemperatur möglichst geringe Komforteinbußen mit sich bringt. Das ist zum Beispiel im Treppenhaus oder beim Badezimmer der Fall. Zusätzlich sollte der Aufstellort des Speichers die Möglichkeit bieten, die entstehende warme Luft an die Umgebung abführen zu können. Bei einem in das Treppenhaus integrierten Speicher kann das beispielsweise durch Dachluken erfolgen, die im Sommer geöffnet werden. Weiterhin leistet eine sehr gute Wärmedämmung des Speichers einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Überhitzungsproblemen. Sie ist sowieso nötig, um die Wärmeverluste des Speichers zu minimieren und damit die Effizienz der Gesamtanlage zu steigern. Alternativ kann der Speicher übrigens auch außerhalb des Gebäudes aufgestellt werden. Am Markt sind bereits einige dafür konzipierte Produkte verfügbar.

Gibt es Möglichkeiten, das Versorgungskonzept von Sonnenhäusern weiter zu verbessern?
Ja, zum Beispiel durch die Entwicklung von standardisierten Anlagenkonzepten, die deutliche Kostenvorteile bieten können und darüber hinaus weniger fehleranfällig bei Installation und Betrieb sind. Desweiteren ist zu erwarten, dass sich durch eine ganzheitliche Betrachtung der Energieversorgung des Gebäudes mit Wärme und Strom systemische Vorteile bieten. In diesem Fall ist es denkbar, den Solarspeicher als Multifunktionsspeicher zu nutzen, in den zum Beispiel die aus Überschussstrom erzeugte Wärme eingespeist wird. Den Überschussstrom kann eine auf dem Gebäude installierte Photovoltaikanlage erzeugen. Eine signifikante Verbesserung der Wärmeversorgungskonzepte von SolarAktivHäusern wird sich aber insbesondere dann ergeben, wenn neue Langzeitwärmespeicher am Markt verfügbar sind, die deutlich höhere volumetrische Speicherkapazitäten als die heute eingesetzten Warmwasserspeicher und nahezu keine Wärmeverluste aufweisen.

Wie schneiden Sonnenhäuser gegenüber anderen energieeffizienten Gebäudekonzepten ab?
Der entscheidende Vorteil von SolarAktivHäusern liegt darin, dass sie ein hohes Maß an Unabhängigkeit von der Preisentwicklung fossiler Energieträger bieten, da sie den weitaus überwiegenden Teil der benötigten Wärme selbst erzeugen und speichern. Damit ist eine große Unabhängigkeit von Versorgungsstrukturen wie zum Beispiel Gasnetzen gegeben. Zusätzlich bieten SolarAktivHäuser damit eine große Preissicherheit, denn im Gegensatz zu anderen Konzepten wie der Kombination einer Photovoltaikanlage mit einer Wärmepumpe ist die mit einem SolarAktivHaus erzielbare finanzielle Rendite nicht von den Strompreisen und Einspeisevergütungen eines Energieversorgers abhängig. Volkswirtschaftlich betrachtet bieten SolarAktivHäuser ebenfalls Vorteile, da für ihren Betreib keine aufwändige, extrem leistungsfähige Netzinfrastruktur auf- beziehungsweise ausgebaut und aufrechterhalten werden muss.

In Deutschland sind mehr als 1.700 Sonnenhäuser gebaut. Meist wird jedoch konventionell gebaut. Wie ließe sich das ändern?
Wichtig ist zum Einen, dass entsprechende Dienstleister wie Anlagenplaner und -installateure, Architekten und Bauträger potenziellen Interessenten als Ansprechpartner dienen können. Eine wichtige Funktion nimmt in diesem Zusammenhang das Sonnenhaus-Institut ein, das entsprechende Kompetenzen bündelt und Ansprechpartner vermittelt. Zum Anderen ist es wichtig, dass das Konzept der SolarAktivHäuser bei der breiten Masse der Bevölkerung bekannt wird. Ich bin davon überzeugt, dass viel mehr Baufrauen und Bauherren ein SolarAktivHaus bauen würden, wenn sie das Konzept und natürlich die damit verbundenen Vorteile kennen würden. Wir hoffen, dass es uns mit unserem Projekt HeizSolar gelingen wird einen Beitrag dazu zu leisten.

Das Projekt HeizSolar wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und von der Solar- und Wärmetechnik Stuttgart gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, der Technischen Universität Ilmenau und dem Sonnenhaus-Institut durchgeführt.

Ergebnisse des Projekts HeizSolar bietet die Internetseite www.diesolarheizung.info

Weiter Informationen zum Sonnenhaus-Konzept sowie Ansprechpartner finden Sie unter www.sonnenhaus-institut.de

Bewerten Sie diesen Beitrag

VN:F [1.9.22_1171]
Rating: 5.0/5 (2 votes cast)
5.052
Schlagworte: , , , ,

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre persönlichen Daten

Ihr Kommentar

Sie haben News für die Pellets-Branche?

Senden Sie diese an news@pelletshome.com

Newsletter
Bleiben Sie immer up to date. jetzt Newsletter abon­nie­ren

schnell und einfach den richtigen Pelletofen finden!

zum Produktfinder

zur Navigation Sprache wählen: Home | Sitemap | Italiano

Hauptmenü:

Diese Seite verwendet Cookies, die für eine uneingeschränkte Nutzung der Website nötig sind. Detaillierte Informationen über den Einsatz von Cookies auf dieser Website finden Sie in der Datenschutzerklärung.
Dort kann auch der Verwendung von Cookies widersagt werden.
Akzeptieren