Stefan Aigenbauer: „Hohe Verbrennungstemperaturen steigern den Wirkungsgrad“

Dienstag, 23. August 2016 | Autor: Joachim Berner

Ziel des Projektes StirBio war die Entwicklung und der erfolgreiche Test einer Pellet-Versuchsfeuerung zum Betrieb eines integrierten 5-kW-Stirlingmotors mit bisher unerreichter elektrischer Effizienz. Im Gegensatz zu Stirling-Nachrüstlösungen für Biomassekessel, wie sie bislang meist vorgestellt wurden, haben die Projektpartner den Brenner an die Anforderungen eines sehr heißen Verbrennungsgases angepasst. Projektleiter Stefan Aigenbauer von Bioenergy 2020+ erklärt das neuartige Konzept.

Herr Aigenbauer, was unterscheidet das Entwicklungsprojekt StirBio von bisherigen Lösungen?
Grundsätzlich war es unser Ziel, einen möglichst hohen elektrischen Wirkungsgrad zu erreichen. Das erfordert ein neues Brennerkonzept. Bei bisherigen Projekten, bei denen der Stirlingmotor als Add-on-Lösung für Biomassekessel eingesetzt wurde, konnte noch kein hoher elektrischer Wirkungsgrad erreicht beziehungsweise das hohe Potential des Stirlingmotors nicht genutzt werden. Im Gegensatz zu einer Nachrüstlösung für Biomassekessel wurde bei diesem Projekt das Brennerkonzept an die Anforderungen eines sehr heißen und partikelarmen Verbrennungsgases angepasst. Bei dem neuen Konzept wurde die Brennergeometrie optimiert, der Lambdawert auf einen möglichst geringen Wert geregelt und ein Erhitzerwärmetauscher mit einem möglichst hohen Wärmestrom zum Stirling entwickelt. Wir haben mit CFD-Strömungssimulationen den gesamten Brennraum neu entwickelt, um möglichst hohe Temperaturen und geringe Staubpartikelkonzentrationen zu erzielen. Außerdem haben wir die Brennkammer zusätzlich isoliert. Bei unserem Konzept durchströmt das gesamte Verbrennungsgas den Wärmetauscher.

Mit welchen Ergebnissen?
Mit der ersten Versuchsanlage konnte bereits ein Wirkungsgrad von 13 Prozent erzielt werden. Im weiteren Versuchsbetrieb zeigte sich, dass bei gut gedämmter und dichter Brennkammer mit einem gereinigten Erhitzerwärmetauscher ein mittlerer elektrischer Wirkungsgrad von knapp 14 Prozent und kurzzeitig sogar Werte von etwa 15 Prozent erreicht werden konnte. Der elektrische Wirkungsgrad errechnet sich aus der eingespeisten elektrischen Leistung des Stirlingmotors bezogen auf die Brennstoffwärmeleistung, also die Energie der Pellets. Bei bisherigen Lösungen mit Biomasse lag der Wirkungsgrad unter zehn Prozent.

Viele der bisherigen Entwicklungen sind gescheitert. Woran lag das Ihrer Meinung nach?
Die Schwierigkeit bei biomassebefeuerten Stirlingmotoren liegt unter anderem darin, dass Staubpartikel entstehen, die den Erhitzerwärmetauscher verschmutzen. Es kann zum Beispiel leicht sein, dass sich Schmelzasche am Erhitzerwärmetauscher des Stirlingmotors anhaftet und er sehr schnell verdreckt, sodass eine ausreichende Wärmeübertragung nicht mehr gewährleistet ist. Das war meist das Problem. Bei den hohen Temperaturen in unserem Brenner werden die organischen Partikel weggebrannt. Anorganische Partikel und Salze haben sich zwar auch bei unserem Erhitzerwärmetauscher angesetzt, doch sie lassen sich einfach wegreinigen – entweder mit Druckluft oder einer mechanischen Einrichtung.

Kritiker erkennen in den hohen Temperaturen ein Problem für den Erhitzerwärmetauscher. Inwiefern hat das Projektteam das Brennerkonzept an die Anforderungen eines sehr heißen Verbrennungsgases angepasst?
Der Erhitzerwärmetauscher ist das Verbindungsstück zwischen Brennkammer und Arbeitskolben. Er ist den heißen Verbrennungsgasen direkt ausgesetzt – und damit den Partikeln. Im Erhitzerwärmetauscher befindet sich Helium mit einem Druck von 30 bar als Prozessgas. Die Kunst liegt vor allem darin, ihn dicht zu bekommen und die Dichtheit dauerhaft sicherzustellen. Der Erhitzerwärmetauscher von Frauscher Thermal Motors ist aus hochhitzefestem Edelstahl gefertigt und wird im Vakuum gelötet. Auf der anderen Seite gibt es die mechanisch und thermisch beanspruchten Bauteile in der Brennkammer. Wir haben verschiedene Materialien getestet und konnten erste Erfahrungen damit sammeln. Es sind aber noch Langzeittests erforderlich, um für die Brennkammer geeignete hitze- und dauerbeständige Materialien auswählen oder entwickeln zu können.

Wärmetauscher Sie arbeiten mit Luftvorwärmung. Warum und wie funktioniert sie?
Um einen hohen Wirkungsgrad des Stirlings zu erreichen, benötigt man auf der Seite der Wärmequelle möglichst hohe Prozessgastemperaturen und auf der Seite der Wärmesenke möglichst tiefe Temperaturen. In unserem Fall stellt der Heizkreis mit der Wärmeverteilung für das Warmwasser und die Raumwärme oder die Prozesswärme die Wärmesenke dar. Die Rücklauftemperaturen einer Heizung liegen normalerweise zwischen 30 und 50 Grad Celsius. Daran lässt sich nicht viel ändern. Um den Stirling-Prozesswirkungsgrad zu erhöhen, muss man deshalb auf der Seite der Wärmequelle arbeiten. Neben einer zusätzlichen Wärmedämmung der Brennkammer und Verbrennung bei einem möglichst geringen Luftüberschuss bietet die Luftvorwärmung eine Möglichkeit, die Verbrennungsgastemperatur zu erhöhen. Bevor die Sekundärverbrennungsluft in die Brennkammer strömt, wärmen wir sie deshalb mit den Verbrennungsgasen vor, die aus dem Erhitzerwärmetauscher austreten.

Mit Frauscher Thermal Motors arbeiten eine Entwicklungsfirma von Stirlingmotoren und mit Hargassner ein Hersteller von Biomassekesseln an dem Projekt. Wie haben sich die Partner zusammengefunden?
Frauscher entwickelt bereits seit zehn Jahren Stirlingmotoren. Bei der Entwicklung hat die Firma bislang mit erdgasbefeuerten Maschinen gearbeitet. Die Firma Hargassner arbeitet intensiv daran, zukünftig Technologien anzubieten, die sowohl Wärme als auch Strom mit höchster Effizienz bereitstellen können. Die beiden Firmen haben sich gefunden. Sie haben das österreichische Biomassekompetenzzentrum Bioenergy 2020+ beauftragt, den Projektantrag zu koordinieren und die Projektleitung zu übernehmen. Wir haben zusätzlich dAs Institut für Verfahrenstechnik der Technischen Universität Wien an Bord geholt, die uns bei der simulationsunterstützen Brennerentwicklung und beim Design des Erhitzerwärmetauschers unterstützt hat. Die Versuche und Auswertungen wurden von Bioenergy 2020+ durchgeführt.

Stirling Wo steht das Projekt aktuell?
Es ist abgeschlossen. Gelaufen ist es drei Jahre lang bis März 2016. Wir haben die Ergebnisse bereits veröffentlicht. Für eine konti¬nuierliche Produktion von elektrischer Energie mit einer Effizienz von etwa 15 Prozent sind noch einige Entwicklungsschritte bis zur serienreifen Markttauglichkeit notwendig. An oberster Stelle steht die Entwicklung einer automatischen Wärmetauscher-Abreinigung. Weiters ist es notwendig, für die Brennkammer geeignete hitze- und dauerbeständige Materialien zu finden. Neben einer neuartigen Verbrennungsregelung sind auch noch ausgedehnte Versuche notwendig, um eine allfällige Korrosion des Erhitzer¬wärmetauschers zu erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Diese offenen Entwicklungsschritte sind mit einem entsprechenden Mittel- und Personaleinsatz lösbar. Durch StirBio rückt mittelfristig eine Marktpräsenz einer 5-kW_ Biomasse-Pellets-KWK-Anlage mit hoher elektrischer Effizienz in greifbare Nähe.

Das Projekt StirBio wurde von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) vom Klima- und Energiefonds gefördert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Stirlingmotor
In einem Stirlingmotor erwärmt sich ein Arbeitsgas in einem von außen beheizten Zylinder und kühlt sich anschließend wieder ab. Dabei bewegt es einen Arbeitskolben. Eine Kurbelwelle wandelt den Kolbenrhythmus in eine Drehbewegung um, die einen Strom erzeugenden Generator antreibt. Bereits 1816 hat der schottische Priester Robert Stirling das Prinzip zum Patent angemeldet.

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