196 Nationen haben am 13. Dezember 2015 in Paris einem Klimavertrag zugestimmt. Er verpflichtet erstmals alle Länder zum Klimaschutz und soll 2020 in Kraft treten. Das Klimaschutzabkommen gibt das Ziel vor, die durch Treibhausgase verursachte Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten, wenn möglich sogar bei 1,5 Grad, gemessen an dem Niveau vor der Industrialisierung. Die Reaktionen in Gesellschaft und Wirtschaft fallen unterschiedlich aus.
Erneuerbare-Energien-Branche fordert höhere Ausbauziele
“Die Weltstaatengemeinschaft sendet ein starkes Signal auch an Deutschland, die Energiewirtschaft beschleunigt umzubauen, weg von Kohle und Öl”, begrüßt Hermann Falk, Geschäftsführer der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) in Deutschland, das Abkommen. Er fordert Bundesregierung und Europäischen Union (EU) auf, nun die nationalen und europäischen Ausbauziele für erneuerbare Energien anzuheben. So müsse die Bundesregierung sowohl im Wärmesektor wie im Verkehr durch Anreize und ordnungspolitische Maßnahmen eine Kehrtwende einleiten. Noch immer gebe es zu viele gesetzliche Barrieren für erneuerbare Energien. Zu viele Förderprogramme würden nicht synchron laufen und der von der Bevölkerung gewollten Energiewendewidersprechen. “So ist es ein Skandal, dass die staatliche KfW noch immer Ölheizungen fördert und damit den Klimaschutzzielen entgegen arbeitet”, kritisiert Falk.
Naturschützer zweifeln an Impulsen für Energiewende
Hans-Josef Fell, der frühere Grünen-Bundestagsabgeordneter und Autor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, bezweifelt, ob der Klimaschutzvertrag zu einer Energiewende führt. Die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien als wichtigste Klimaschutzmaßnahme werde nicht benannt. “Der Begriff Erneuerbare Energien kommt überhaupt nur ein einziges Mal im ganzen ca. 6.000 Wörter umfassenden Klimavertrag vor”, klagt der heutige Präsident der Energy Watch Group. Von einem Ende der fossilen Weltwirtschaft könne keine Rede sein, wenn man die Worte, Ziele und Maßnahmen des Pariser Vertrages zugrunde legte. Ähnlich sieht das der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Er bemängelt, dass der Begriff der Dekarbonisierung in den letzen Verhandlungsstunden aus dem Vertragstext gefallen ist. “Denn damit wäre eindeutig der Pfad für eine weltweite Energiewende für 100 Prozent naturverträgliche erneuerbare Energien eingeschlagen worden”, sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Grüne Unternehmen begrüßen Klimavertrag
Positiv fällt dagegen das Urteil der Umweltschutzorganisation Germanwatch aus. “Das Abkommen wird die Welt der Energie- und Klimapolitik verändern”, kommentiert Geschäftsführer Christoph Bals. Zum ersten Mal hätten die Staaten der Welt eine globale Energiewende angekündigt und verschiedene Umsetzungsmechanismen dafür beschlossen. Germanwatch unterstützt eine Erklärung der Unternehmensverbände Stiftung 2° und B.A.U.M. Darin bezeichnen die ökologisch orientierten Firmenvereinigungen das neue Weltklimaabkommen als Wendepunkt hin zu einer globalen Energiewende. Die 34 großen und mittelständischen Unternehmen aus einer großen Bandbreite von Branchen versprechen, den Klimaschutz selber als Vorreiter voranzutreiben und fordern von der Politik ambitionierte Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung in Deutschland und in der EU.
Deutsche Wirtschaft warnt vor nationalen Alleingängen
Während die grünen Unternehmen unter anderem schärfere Maßnahmen fordern, um das deutsche 40-Prozent-Klimaziel bis 2020 zu erreichen, warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor Alleingängen Deutschlands und der EU. “Deutschland darf in der Klimapolitik nicht vom Vorreiter zum Einsiedler werden”, sagt BDI-Präsident Ulrich Grillo. Es sei jetzt nicht die Zeit, überstürzt über neue EU-Vorgaben, geschweige denn nationale Ziele, nachzudenken. Grund: Aufstrebende Wirtschaftsmächte seien weiterhin nicht angemessen an der Finanzierung des Klimaschutzes beteiligt. In der deutschen Wirtschaft hält sich die Zustimmung zum Klimavertrag offensichtlich in Grenzen.