Markus Schlichter: “Die Beanstandungsquoten halten sich in Grenzen”

Donnerstag, 03. Dezember 2015 | Autor: Joachim Berner

Seit diesem Jahr gelten für neu errichtete Pellets- und Hackschnitzelheizungen schärfere Grenzwerte bei den Emissionen. Einige Hersteller haben befürchtet, dass sie zu unverhältnismäßig hohen Beanstandungen führen werden. Erste Rückmeldungen aus den Kehrbezirken mit Messergebnissen für in diesem Jahr errichtete Heizungsanlagen geben Entwarnung. Im Interview mit Pelletshome.com erläutert Markus Schlichter, Mitglied im Technischen Ausschuss des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks, die bisher gesammelten Erkenntnisse.

Herr Schlichter, in Bayern haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen bereits die Messergebnisse neu installierter Pelletsheizungen zusammengefasst, die nach den strengen Vorgaben der 2. Stufe der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung gemessen wurden. Wie haben die Anlagen abgeschnitten?
Um das klarzustellen: Wir haben bei Kolleginnen und Kollegen in Bayern angefragt, ob sie uns Daten zur Verfügung stellen. Es handelt sich hierbei um keine statistische Erhebung. Belastbare Ergebnisse wird es im kommenden Jahr im April oder Mai geben. Weil sich die Branche aber so sehr in Aufruhr befindet, wollten wir vorab schon mal herausfinden, wie die neuen Pellets- und Hackschnitzelanlagen abschneiden, für die die Grenzwerte der 2. Stufe der Bundesimmissionsschutzverordnung gilt. Wir haben festgestellt, dass die Beanstandungsquoten entgegen der Befürchtung der Branche nicht exorbitant hoch lagen.

Wie hoch lagen sie konkret?
Bevor ich antworte: Da kommt ein interessanter Parameter ins Spiel, nämlich sieben Milligramm Staub pro Kubikmeter zusätzliche Brennstoffunsicherheit. Diese Zahl dürfen wir in Bayern anwenden und – sofern der Grenzwert nicht eingehalten wird – von dem Messwert abziehen. Von daher ergibt sich für Bayern eine Beanstandungsquote von fünf Prozent bei Pelletsheizungen und bei Hackgutanlagen von sieben bis zehn Prozent. Wie aber eingangs betont, handelt es sich bei der Erhebung um keine Statistik, sondern lediglich um eine erste Abschätzung der Ergebnisse.

Wie hoch im Vergleich zu den aktuellen Ergebnissen lag bei Pelletsheizungen in den vergangenen Jahren der Anteil von Anlagen, die die Grenzwerte überschritten haben?
Aufgrund der erhöhten Anforderungen durch die neuen Grenzwerte haben sich die Beanstandungen vermehrt. 2013 hatten wir bei Pelletsanlagen eine Beanstandungsquote von rund 1,5 Prozent. Aber wenn ich in der Zeit weiter zurückblicke, dann hatten wir auch schon Beanstandungsquoten der handbeschickten Anlagen von 25 bis 30 Prozent gehabt, insbesondere bei den Einstufungsmessungen. Es sind also im Vergleich zu den zurückliegenden Erfahrungen relativ wenige Anlagen, die jetzt beanstandet werden müssen.

Wie bewerten Sie das Ergebnis?
Bei Pelletsanlagen bewegt es sich die Beanstandungsquote in einem vertretbaren Bereich. Bei den Anlagen, die durchfallen, liegt es in der Regel entweder daran, dass die Brennstoffqualität nicht den aktuellen Anforderungen gemäß den entsprechenden Normen entspricht oder die Feuerstätten sich nicht in einem ordnungsgemäßen Betriebszustand befinden, weil sie zum Beispiel nicht gereinigt wurden.

Was passiert, wenn eine Anlage die Grenzwerte nicht einhält?
Der Anlagenbesitzer wird in der Regel nochmal auf den Hersteller oder Installateur zurückkommen, damit der nachjustieren und nachsehen kann, ob die Brennstoffqualität stimmt. Dann wird gemäß der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung als auch der Kehr- und Überprüfungsordnung eine Widerholungsmessung innerhalb von sechs Wochen durchgeführt.

Und wenn die wieder nicht bestanden wird?
Dann wird es eine Messung auf Anordnung der unteren Aufsichtsbehörde geben, dabei handelt es sich in der Regel um die Umweltbehörde im Landratsamt oder bei kreisfreien Städten um die Stadtverwaltung. Das heißt, es gibt in diesen Fällen im ungünstigsten Fall bis zu drei Messungen nacheinander an einer Anlage.

Um die neuen Grenzwerte ermitteln zu können, mussten erst neue Messgeräte entwickelt werden. Bei den Messungen wird deshalb vom ermittelten Wert eine Unsicherheit abgezogen. Außerdem wird in einigen Bundesländern der von Ihnen bereits erwähnte Brennstoffunsicherheitsfaktor eingesetzt, der die unterschiedliche Qualität der eingesetzten Holzbrennstoffe berücksichtigen soll. Für wie sinnvoll halten Sie den Faktor bei Holzpellets, handelt es sich doch um einen genormten Brennstoff?
Bei Pelletsheizungen wäre es tatsächlich weniger dramatisch, wenn der Faktor nicht angewendet würde – vorausgesetzt, dass entsprechende Qualitätskriterien beachtet werden. Aber gegenüber Hackschnitzelheizungen wirkt er sich schon elementar aus, weil es sich bei diesen Anlagen aufgrund der meist dem Brennstoff geschuldeten Unregelmäßigkeiten schwieriger gestaltet, die Anforderungen der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung mit einem Grenzwert von 20 Milligramm zu erfüllen.

Nicht alle Bundesländer haben der Sonderregelung mit dem Brennstofffaktor zugestimmt. Wie stellt sich die rechtliche Situation in Deutschland aktuell für das Kaminkehrerhandwerk dar?
Für die Reglementierung der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung ist zunächst einmal das Bundesumweltministerium zuständig. Das Ministerium hatte am 18. Dezember 2014 ein Schreiben an die Länder verschickt, in dem es ihnen mitteilt, dass sie es damaligen Gründruck der VDI-Richtlinie 4207 Blatt 2 zur Messung von Emissionen an Kleinfeuerungsanlagen als Stand der Technik sieht und somit auch der Meinung ist, dass der Brennstoffunsicherheitswert angewendet werden kann. Jedoch obliegt der Vollzug der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung an dieser Stelle den Bundesländern. Somit hat jedes Bundesland die Möglichkeit, diese Unsicherheit anzuwenden oder nicht. Deswegen gab es in dem Schreiben den Passus „sofern die zuständige Stelle nicht anders entscheidet“. Zwischenzeitlich fand Anfang Oktober eine Sitzung des VDI-Richtlinienverabschiedungs-ausschusses statt, weil es Einsprüche von verschiedenen Bundesländern gegen den Unsicherheitswert gegeben hat. Bei dieser Sitzung wurde darüber nochmal diskutiert. Der Ausschuss hat dem Arbeitskreis mitgeteilt, der die Richtlinie erarbeitet hatte, dass in der Richtlinie ein Passus formuliert werden soll, den Bundesländern zu empfehlen, die Unsicherheit in der Übergangszeit anzuwenden.

Sonst könnte es ja sein, dass identische Pelletsheizanlagen je nach Bundesland unterschiedlich abschneiden?
Ja, das kann passieren.

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