„Die Pelletsbranche beteiligt sich kaum“

Dienstag, 28. Dezember 2010 | Autor: Joachim Berner

Unter dem Dach der Europäischen Technologieplattform für Wärme und Kälte aus Erneuerbaren Energien (RHC-Plattform) arbeiten seit März 2009 Firmen und Forschungseinrichtungen aus den Branchen Biomasse, Geothermie und Solarthermie an einer übergreifenden Forschungsstrategie. Im Gespräch mit Pelletshome.com bemängelt Walter Haslinger vom österreichischen Wissenschaftszentrum Bioenergy 2020+ das fehlende Engagement der Pelletsindustrie und erläutert, warum sie sich dadurch leichtfertig europäische Forschungsmittel entgehen lässt.

Herr Haslinger, aus welchem Grund haben sich die verschiedenen Ökowärmebranchen zu einer gemeinsamen Forschungsinitiative zusammengefunden?
Die Europäische Kommission fordert die Technologieplattformen, damit Industriezweige ihre technologischen Entwicklungsziele visionär formulieren und daraus die erforderlichen Forschungsaktivitäten ableiten, die dann ganz konkret in Umsetzungsmaßnahmen münden sollen. Wesentlich für die Europäische Kommission ist dabei, dass die Industrie ein deutliches Bekenntnis abgibt, sich an den Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie den Umsetzungsmaßnahmen zu beteiligen. Die Europäische Kommission versüßt der Industrie dieses Versprechen mit entsprechenden Förderzuwendungen. Das gilt auch für die an der RHC-Plattform beteiligten Branchen.

Walter Haslinger arbeitet am Standort Wieselburg des Biomasse-Kompetenzzentrums Bioenergy 2020+. In der RHC-Plattform leitet er im Biomasse-Panel den Bereich Technologien für häusliche Anwendungen. Foto: Haslinger

Sprich: Ohne Strategie gibt es keine Forschungsförderung. Wie reagiert die Pelletsbranche bislang auf die Initiative?
Regional stark unterschiedlich. In Skandinavien haben die großen Pelletsproduzenten die Chance begriffen. Sie beteiligen sich einigermaßen an der Plattform. In Mitteleuropa ist die Resonanz dagegen bescheiden. Die Pelletsproduzenten sind in der Plattform faktisch nicht präsent. Die Kesselhersteller schicken die Wissenschaft vor, um sich in der Plattform vertreten zu lassen. Das ist zwar besser als nichts, aber insgesamt kein gutes Signal in Richtung Europäischer Kommission. Es ist aber leider charakteristisch für die Branche.

Warum wäre eine Beteiligung der Industrie wichtig?
Im vergangenen Jahr war im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm erstmals wieder eine Ausschreibung für Biomassekleinfeuerungen enthalten. Die Europäische Kommission wollte drei Projekte fördern. Es kamen insgesamt nur vier Anträge, von denen zwei so schlecht waren, dass sie die Mindestkriterien für eine positive Evaluierung nicht erreicht haben. Die freien Fördermittel hat deshalb die Biotreibstoffindustrie bekommen. So kann sich eine Branche durch Desinteresse und mangelndes Engagement selbst ein Bein stellen.

Wie reagieren die anderen Branchen auf die RHC-Plattform?
Unterschiedlich. Für die Solarthermieindustrie bedeutet die RHC-Plattform seit rund eineinhalb Jahren praktisch ein auf der Stelle treten. Sie hatte für sich selbst bereits ein weit fortgeschrittenes Visionen- und Strategiedokument erstellt, ehe es auf Wunsch der Europäischen Kommission zur Gründung der RHC-Plattform kam. Die Biomassebranche dagegen kämpft noch damit, die industriellen Schlüsselakteure einzubinden. Kein leichtes Spiel in einer weitgehend kleinstrukturierten Branche.

Braucht die Pelletstechnologie überhaupt noch Forschungsarbeit?
Da gibt es noch einiges zu tun. So braucht es eine verbesserte Leistungsregelung. Die Feuerungen müssen im praktischen Betrieb genauso effizient funktionieren wie am Prüfstand. Auch eine Effizienzsteigerung durch Rauchgaskondensation, also durch Brennwertnutzung sollte Ziel der Entwicklungsarbeiten sein. Außerdem benötigen wir für die energieeffizienten Gebäude der Zukunft Pelletskessel und Pelletsöfen mit Leistungen unter fünf Kilowatt. Ein weiteres wichtiges Thema: die Senkung der Partikelemissionen durch Primär- und Sekundärmaßnahmen.

Sehen Sie auch Bedarf bei der Entwicklung neuer Pelletstechnologien?
Ja, zum Beispiel bei Klein- und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungen. Wir werden es uns angesichts des laufend steigenden Strombedarfs in Zukunft nicht mehr leisten können, stationäre Wärmequellen nicht zu verstromen. Ebenso werden Systemkombinationen mit anderen Heizungs- und Lüftungstechnologien an Bedeutung gewinnen. Mit dem Thema der Technologieverschränkungen verknüpft sind Fragen nach effizienten und kompakten Wärmespeichern. Ganz allgemein müssen wir das Systemdenken verbessern.

Ganz schön viele Aufgaben.
Aber noch nicht alle. Bei der Rohstoffversorgung, bei der Pelletsproduktion und bei der Pelletslogistik gibt es mindestens ebenso viele Ansätze, um die Effizienz der Wärmebereitstellung aus Pellets zu verbessern.

Um Fördermittel aus dem bis 2013 laufenden 7. EU-Forschungsrahmenprogramm zu bekommen, hätte die RHC-Plattform bereits 2010 eine strategische Forschungsagenda vorlegen müssen. Das ist nicht geschehen. Was nun?
Die Erfahrungen der Solarthermiebranche zeigen, dass die Europäische Kommission durchaus Themen aus dem laufenden Prozess aufgreift und in die FP7-Ausschreibungen integriert. Die strategische Forschungsagenda wird Mitte des Jahres 2011 in einem ersten Entwurf veröffentlicht und hoffentlich bis Ende des Sommers in ihrer Endfassung vorliegen.

Welche Rolle wird die Pelletsheiztechnik darin spielen?
Wie erfolgreich sich die Pelletsbranche dabei in den nächsten Monaten positioniert, wird ganz wesentlich davon abhängen, in welchem Maße die Industrie bei der Erstellung des Strategiepapiers mitwirkt.

Weitere Informationen: http://www.rhc-platform.org/

Bewerten Sie diesen Beitrag

VN:F [1.9.22_1171]
Rating: 5.0/5 (1 vote cast)
5.051
Schlagworte: , , , , ,

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre persönlichen Daten

Ihr Kommentar

Sie haben News für die Pellets-Branche?

Senden Sie diese an news@pelletshome.com

Newsletter
Bleiben Sie immer up to date. jetzt Newsletter abon­nie­ren

schnell und einfach den richtigen Pelletofen finden!

zum Produktfinder

zur Navigation Sprache wählen: Home | Sitemap | Italiano

Hauptmenü:

Diese Seite verwendet Cookies, die für eine uneingeschränkte Nutzung der Website nötig sind. Detaillierte Informationen über den Einsatz von Cookies auf dieser Website finden Sie in der Datenschutzerklärung.
Dort kann auch der Verwendung von Cookies widersagt werden.
Akzeptieren